In Sachen RedTube Abmahnungen hat der Heise.de User SammieFox einen interessanten Beitrag verfasst. Er befasst sich mit der Rechtekette, die die abmahnende Kanzlei U+C dem Landgericht Köln vorgelegt hat, um an die Adressdaten der Streamingnutzer zu kommen. Mit dieser Rechtekette wollte The Archive AG nachweisen Inhaberin von Urheberrechten an den besagten Filmen zu sein. SammieFox‘ Ergebnis: Es gibt gar keine Rechtekette! Die Rede ist von Schein- und Briefkastenfirmen im Ausland, die entsprechende Rechte an den Filmen innehaben sollen. Lesen Sie selbst:
Originalbeitrag von SammieFox auf Heise.de -> Link
„The Archive AG“ hat viel eher an der genannten Rechtekette einen Schwachpunkt, denn die konnte bisher gar nicht nachgewiesen werden. Es ist im Antrag (http://www.abmahnhelfer.de/wp-content/uploads/2013/12/Antrag.pdf) von RA Daniel Sebastian ans LG Köln zwar von Lizenzverträgen die Rede, die über „Hausner Productions“ und der angeblichen Urheberin „Serrato Consultores S.L.“ liefen, aber selbst ein Blinder sollte erkennen, dass das nicht sein kann. Denn die „Hausner Productions“ hat offensichtlich nie existiert. Vorort gibt es sie nicht, der Hausverwalter und Nachbarn haben noch nie von denen gehört und im Handelsregister war sie auch nie eingetragen.
Eine erfundene Scheinfirma, die nur auf gefakten Lizenzverträgen existiert. Und „Serrato Consultores S.L.“ in Barcelona ist wieder nur der ausländische Deckmantel. Die bieten einen Video-On-Demand-Service für Schmuddelfilmchen über xshoponline.com. Dort gibt es die Filmtitel allerdings nicht, zumindest nicht unter den abgemahnten Namen – wohl aber alle im Original.
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Abgemahnter Titel: Amandas Secret
Original Titel: High Heels and Glasses 2
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Abgemahnter Titel: Hot Stories
Original Titel: Teen Babysitters 3
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Abgemahnter Titel: Glamour Show Girls
Original Titel: Sexual Rehab – Dona Bell
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Abgemahnter Titel: Dreamtrip
Original Titel: Emma Mae: Adult Supervision
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Abgemahnter Titel: Miriams Adventure
Original Titel: My Black Stepdad
Wer aber beim Besuch des Shops mal genau auf die URL achtet, sieht schnell, dass das ganze auf aebn.net umleitet. AEBN (Adult Entertainment Broadcast Network) ist nichts weiter als ein Adult-Dienstleister, der diesen Streaming-Dienst verwaltet und gleichzeitig ein Affiliate- Programm anbietet, über den sich Dritte ein paar Euro durch den Verkauf der Streams hinzuverdienen können. Die komplette Verwaltung, Abrechnung und das Hosting geschieht aber über AEBN.
„Serrato Consultores S.L.“ (xshoponline.com) hat sich einfach bei deren Partnerprogramm angemeldet, ein eigenes Banner in den Header eingebunden und das wars. Kann auch jeder selbst testen, indem er die „theaterId“ in der URL von aebn.net ändert – da werdet ihr tausende
identischer Shops mit anderem Header entdecken. Somit vertreibt „Serrato Consultores S.L.“. auch keine eigenen Videos und hat logischerweise damit auch keine Urheberrechte daran. Wie „Hausner Productions“ überhaupt darauf kommt, dass „Serrato Consultores S.L.“ der Urheber der Videos sein könnte, ist auch völlig unklar. Im Antrag von RA Daniel Sebastian wird auch der „Ausdruck der Verpackung“ als Beweis der Urheberschaft aufgeführt. Da sämtliche abgemahnten Videos im Original auf xshoponline.com mit Cover zu sehen sind und das korrekte Studio („Combat Zone“) dort genannt wurde und auch mehrfach auf den Covern ersichtlich ist, ist auch sofort erkenntlich, dass „Combat Zone“ der Urheber ist und nicht „Serrato Consultores S.L.“. Das hätte selbst dem Gericht bei der Annahme des Antrags auffallen müssen.
Wenn „Serrato Consultores S.L.“ hingegen identische Filme einfach umgetütet haben sollte (d.h anderes Cover/Titel gedruckt) um gefakte Lizenzen damit zu verkaufen, dann hätten sie sich selbst strafbar gemacht. Aber auch das macht die noch lange nicht zum Urheber. Die sogenannten „Auswertungsrechte“, die laut Antrag an die „Hausner Productions“ gingen, kann aber nur der richtige Urheber selbst übertragen – also „Combat Zone USA“. Selbst wenn „Serrato Consultores S.L.“ Nutzungsrechte hätte, könnte sie keine „Auswertungsrechte“ übertragen.
Somit ist also schon die angebliche Lizenzübertrag von „Serrato Consultores S.L.“ an „Hausner Productions“ ungültig und die folgende Übertragung an „The Archive AG“ logischerweise sowieso.
Laut dem Vice-Magazine http://tinyurl.com/viceartikel hat die Videos übrigens auch ein „unbekannter Anwalt“ für die „Hausner Productions“ erworben. Das macht die Sache auch interessant, da sich hier der Verdacht aufdrängt, dass RA Daniel Sebastian oder U+C damit gemeint sein könnte.
Interessant wäre auch die Klärung die Frage, woher „The Archive AG“ so zielgenau weiß, dass „Hausner Productions“ ausgerechnet – und ausschließlich – diese Filmlizenzen kurz vorher erworben hat, um sie nur wenige Wochen später selbst von ihnen zu kaufen? Sowas würde nur funktionieren, wenn man sich kennt – oder wenn man ein und dieselbe Firma ist und mit der Aktion nur die Rechtekette verschleiern will. Denn wenn man die fiktive Mittelsfirma öffentlich ausradiert, kann keiner mehr Fragen stellen.
Die komplette Rechtekette, die dem Gericht vorgelegt wurde, beruht jedenfalls auf ungültigen Urhebern, Scheinfirmen und unzulässigen Rechteübertragungen. Würde auch nur ein Fall vor Gericht landen, wo die Aktivlegitimation lückenlos nachgewiesen werden müsste, würde das ganze wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Im Grunde könnte wohl auch „Combat Zone“ Schadensersatz von allen beteiligten Firmen fordern, da ihr Urheberrecht für die Massenabmahnung verletzt wurde -und zwar in voller Höhe der herausgeschickten Abmahnungen.
Fazit:
Wie Sie sehen ist bereits die Rechtekette fehlerhaft. Konkret bedeutet das für alle Abgemahnte eine äußerst günstige Position sollte es zu einem gerichtlichen Verfahren wegen des vorgeworfenen Streamings kommen. Eine Klage stünde damit aus mehreren Gründen auf sehr wackeligen Beinen. Es ist stark davon auszugehen, dass daher keine Klage erhoben werden wird. Die Kläger würden verlieren. Hinzukommt, dass Sie im Falle einer unberechtigten Abmahnung Ihre Kosten vom Gegner ersetzt bekommen. Ich kann allen Betroffenen aus diesem Grund dringend raten sich gegen die Abmahnung gerichtlich/anwaltlich zur Wehr zu setzen.
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